›› Web, Technologie, Forschung und Entwicklung ‹‹


Vermehrung trotz Enthaltsamkeit

Loewenzahn
Foto: Setzt auf asexuelle Vermehrung - der Löwenzahn|

Asexuelle, also ungeschlechtliche, Fortpflanzung ist bei Lebewesen, abgesehen von Prokaryonten (z.B. Bakterien), wenig verbreitet. Denn eigentlich garantiert der sexuelle Austausch von Erbinformation das nachhaltige Bestehen einer Art und das Schritthalten mit der Evolution. Für die Züchtung allerdings könnte sich gerade diese "enthaltsame" Form der Vermehrung als interessant erweisen.

Anzeige

Die Form der ungeschlechtlichen Vermehrung ist unter höheren Lebewesen zwar die Ausnahme, allerdings kommt Sie bei Vertretern aller Organismenreiche wie Pilzen, Pflanzen und Tieren vor.
Bezeichnet wird dieses Phänomen als Apomixis, also dem Fehlen von der Verschmelzung von Geschlechtszellen (Gameten) sowie einer vorangehenden Reifeteilung (Meiose).
Bereits im Jahr 1908 beschrieb der deutsche Botaniker Hans Winkler das Vorkommen ungeschlechtlicher Vermehrung bei Blütenpflanzen.

Apomixis kommt z.B. bei vielen Gräsern, der Brombeere und dem Löwenzahn vor und führt zu einer klonalen Vermehrung, also der Erzeugung genetisch identischer Nachkommen.
In Nutzpflanzen dagegen kommt Apomixis natürlicherweise nicht vor. Dabei wäre es von großem Interesse, gewünschte Eigenschaften wie Wiederstandsfähigkeit und hohen Ertrag bei Nutzpflanzen zu "fixieren". Dies wäre im Idealfall durch apomiktische Vermehrung von entsprechenden Pflanzen gewährleistet. Denn die genetisch identischen Nachkommen vereinten durchweg die positiven Eigenschaften der Mutterpflanzen.

In einem wichtigen Laborexperiment konnten Forscher jetzt klonale Nachkommen der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) gewinnen, indem sie die sich eigentlich sexuell fortpflanzende Pfanze gleichsam auf Apomixis umprogrammierten.
Durch die Veränderung von bis zu vier Genen, die regulativ an dem Vorgang der Meiose beteiligt sind, konnten die Forscher um Raphaël Mercier Pflanzen erzeugen, bei deren Nachkommen es sich bei bis zu 34% um genetisch identische Klone handelte [Science, 2011, Vol. 331, S. 876].

Auch beim Mais konnten genetische Varianten identifiziert werden, die den apomiktischen Phänotyp (in Teilen) nachahmen und auf ungeschlechtliche Vermehrung umstellen [Plant Cell, 2011, Vol. 23(2), S. 443-58].

Ob und in welcher Form allerdings der züchterische Nutzen von Apomixis in Zukunft zur Umsetzung kommt bleibt abzuwarten und wird mit Sicherheit Thema einer ausgedehnten Diskussion um ernährungstechnologische Chancen und ökologische Risiken.

Foto: © dkimages - Fotolia.com